In seiner Rede „Äther und Relativitätstheorie“, gehalten am 5. Mai 1920 an der Reichs-Universität Leiden, erläutert Albert Einstein die historische Entwicklung und die Rolle des Ätherkonzepts in der Physik sowie dessen Wandel durch die Relativitätstheorie. Er beginnt mit der Frage, warum Physiker neben der greifbaren Materie die Existenz eines Äthers annahmen. Dies führt er auf zwei Hauptgründe zurück: erstens die Notwendigkeit, Fernkräfte wie die Gravitation zu erklären, die Isaac Newton als von Massen ausgehende Wirkung einführte, und zweitens die Eigenschaften des Lichts, die im 19. Jahrhundert durch die Undulationstheorie als Schwingungen eines elastischen Äthers gedeutet wurden. Dieser „Lichtäther“ wurde als quasi-starr angesehen, da nur ein festes Medium Transversalwellen wie polarisiertes Licht ermöglicht; Experimente wie das von Fizeau unterstützten diese Vorstellung zunächst.

Einstein schildert, wie die Ätherhypothese trotz ihrer Bedeutung keinen Fortschritt in der Gravitationstheorie brachte und als latente Idee im Hintergrund blieb, bis die Elektrizitätstheorie von Maxwell und Lorentz neue Perspektiven eröffnete. Maxwell sah den Äther noch mechanisch, doch seine Nachfolger konnten keine befriedigende mechanische Erklärung für elektromagnetische Felder finden. Stattdessen wurden Feldstärken als eigenständige Größen akzeptiert, was die rein mechanische Naturauffassung untergrub und zu einem Dualismus zwischen mechanischen und elektrischen Konzepten führte. Lorentz vereinfachte dies radikal, indem er dem Äther alle mechanischen Eigenschaften entzog und ihn als reinen Sitz elektromagnetischer Felder definierte, während die Materie nur durch bewegte, geladene Teilchen wirkt.

Mit der speziellen Relativitätstheorie, die auf der Maxwell-Lorentz-Theorie aufbaut, wird der Äther nochmals hinterfragt. Einstein erklärt, dass die Gleichwertigkeit aller gleichförmig bewegten Koordinatensysteme die Annahme eines ruhenden Äthers überflüssig macht, da elektromagnetische Felder als eigenständige Realitäten ohne Medium gelten. Dennoch hält er die Ätherhypothese für vereinbar, solange man ihm keinen Bewegungszustand zuschreibt – eine Idee, die er mit Wellen auf Wasser vergleicht: Man kann sie als Medium betrachten, ohne sie in bewegte Teilchen zu zerlegen.
Die allgemeine Relativitätstheorie führt dann einen neuen Ätherbegriff ein, der sich grundlegend vom klassischen unterscheidet. Dieser Äther ist kein mechanisches Medium mehr, sondern ein Raum-Zeit-Kontinuum, dessen metrische Eigenschaften (Gravitationspotentiale) durch Materie mitbestimmt werden. Er ist weder homogen noch isotrop und macht den „leeren Raum“ physikalisch real, da er die Existenz von Licht, Maßstäben und Uhren ermöglicht. Im Gegensatz zum Lorentz’schen Äther, der bei fehlenden Feldern unveränderlich ist, steht dieser Äther in Wechselwirkung mit der Materie, ähnlich wie bei Ernst Machs Idee eines durch Massen beeinflussten Trägheitsmediums.

Einstein hebt hervor, dass dieser Äther das Gravitationsfeld konstituiert, das untrennbar mit dem Raum verbunden ist, während das elektromagnetische Feld eine sekundäre, eigenständige Realität darstellt. Er spekuliert über eine mögliche Vereinigung beider Felder, wie sie etwa Hermann Weyl anstrebte, bleibt aber skeptisch und verweist auf offene Fragen, etwa zur Rolle des Äthers in der Quantentheorie oder der Kosmologie. Zusammenfassend betont er, dass die allgemeine Relativitätstheorie den Raum mit physikalischen Eigenschaften ausstattet; ein Raum ohne Äther wäre undenkbar, da er die Grundlage physikalischer Messungen bildet, jedoch ohne mechanische oder kinematische Eigenschaften wie Bewegung.









ÄTHER 
UND 

RELATIVITÄTS-THEORIE 

REDE 
GEHALTEN AM 5. MAI 1920 

AN DER REICHS.UNIVERSITAT ZU LEIDEN 

VON 

ALBERT EINSTEIN 

BERLIN 

VERLAG VON JULlUS SPRINGER 

1920 



ISBN 978-3-642-50437-2 ISBN 978-3-642-50746-5 (eBook) 
DOI 10.1007/978-3-642-50746-5 

Alle Rechte vorbehalten. 

Copyright 1920 by Julius Springer in Berlin. 



Meine Herren Kuratoren, Professoren, Doktoren 
und Studenten dieser Universität! 

Sie alle ferner, meine Damen und Herren, welche 
diese Feier durch Ihre Anwesenheit ehren! 

vVie kommen die Physiker dazu, neben der der Ab­
straktion des Alltagslebens entstammenden Idee, der ponde­
rabeln Materie, die Idee von der Existenz einer anderen Ma­
terie, des Äthers, zu setzen? Der Grund dafür liegt wohl in 
denjenigen Erscheinungen, welche zur Theorie der Fern­
kräfte Veranlassung gegeben haben, und in den Eigen­
schaften des Lichtes, welche zur Undulationstheorie geführt 
haben. \Vir wollen diesen beiden Gegenständen eine kurze 
Betrachtung widmen. 

Das nicht-physikalische Denken weiß nichts von Fern­
kräften. Bei dem Versuch einer kausalen Durchdringung 
der Erfahrungen, welche wir an den Körpern machen, 
scheint eS zunächst keine anderen Wechsel wirkungen zu 
geben als solche durch unmittelbare Berührung, z. B. Be­
wegungs-übertragung durch Stoß, Druck und Zug, Erwär­
mung oder Einleitung einer Verbrennung durch eme 
Flamme usw. Allerdings spielt bereits in der Alltags­
erfahrung die Schwere, also eine Fernkraft, eine Hauptrolle. 
Da uns aber in der alltäglichen Erfahrung die Schwere der 
Körper als etwas Konstantes, an keine räumlich oder zeit­
!:ch ver ä n der li c h e Ursache Gebundenes entgegentritt, 
so denken wir uns im Alltagsleben zu der Schwere über­
haupt keine Ursache und werden uns deshalb ihres Charak­
ters als Fernkraft nicht bewußt. Erst durch Newtons Gra­
vitations-Theorie wurde eine Ursache für die Schwere ge­
setzt, indem letztere als Fernkraft gedeutet wurde, die von 
Massen herrührt. Newtons Theorie bedeutet wohl den 



4 -

größten Schritt, den das Streben nach kausaler Verkettung 
der Naturerscheinungen je gemacht hat. Und doch 'erzeugte 
diese Theorie bei Newtons Zeitgenossen lebhaftes U n­
behagen, weil sie mit dem aus der sonstigen Erfahrung 
fließenden Prinzip in Widerspruch zu treten schien, daß es 
nur Wechselwirkung durch Berührung, nicht aber durch 
unvermittelte Fernwirkung gebe. 

Der menschliche Erkenntnistrieb erträgt einen solchen 
Dualismus nur mit Widerstreben. Wie konnte man die Ein­
heitlichkeit der Auffassung von den Naturkräften retten? 
Entweder man konnte versuchen, die Kräfte, welche uns als 
Betührungskräfte entgegentreten, ebenfalls als Fernkräfte 
aufzufassen, welche sich allerdings nur bei sehr geringer 
Entfernung bemerkbar machen; dies war der Weg, welcher 
von Newtons Nachfolgern, die ganz unter dem Banne seiner 
Lehre standen, zumeist bevorzugt wurde. Oder aber man 
konnte annehmen, daß die N ewtonschen Fernkräfte nur 
s c h ein bar unvermittelte Fernkräfte seien, daß sie aber 
in Wahrheit durch ein den Raum durchdringendes Medium 
übertragen würden, sei es durch Bewegungen, sei es durch 
elastische Deformation dieses Mediums. So führt das 
Streben na~h Vereinheitlichung uns'erer Auffassung von der 
Natur der Kräfte zur Ätherhypothese. Allerdings brachte 
letztere der Gravitationstheorie und der Physik überhaupt 
zunächst keinen Fortschritt, so daß man sich daran ge­
wöhnte, Newtons Kraftgesetz als nicht m'ehr weiter zu re­
duzierendes Axiom zu behandeln. Die Ätherhypothese 
mußte aber stets im Denken der Physiker eine Rolle spielen, 
wenn auch zunächst meist nur eine latente Rolle. 

Als in der 'ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die weit­
gehende Ähnlichkeit offenbar wurde, welche zwischen den 
Eigenschaften des Lichtes und denen der elastischen Wellen 
in ponderabdn Körpern besteht, gewann die Ätherhypothese 



5 

eine neue Stütze. Es schi'en unzweifelhaft, daß das Licht 
als Schwingungsvorgang eines den Weltraum erfüllenden, 
elastischen, trägen Mediums gedeutet werden müsse. Auch 
SCHien aus der Polarisierbarkeit des Lichtes mit Notwendig­
keit hervorzugehen, daß dieses Medium - der Äther - von 
der Art eines festen Körpers sein müsse, weil nur in einem 
solchen, nicht aber in einer Flüssigkeit Transversalwellen 
möglich sind. Man mußte so zu der Theorie des "quasi-
5tarren" Lichtäthers kommen, dessen Teile relativ zuein­
ander keine anderen Bewegungen auszuführen vermögen 
als die kleinen Deformationsbewegungen, welche den Licht­
wellen entsprechen. 

Diese Theorie - auch Theorie des ruhenden Licht­
äthers genannt - fand ferner eine gewichtige Stütze in dem 
auch für die spezielle Relativitätstheorie fundamentalen 
Experimente von Fizeau, aus welchem man schließen mußte, 
daß der Lichtäther an den Bewegungen der Körper nicht 
teilnehme. Auch die Erscheinung der Aberration sprach für 
die Theorie des quasistarren Äthers. 

Die Entwicklung der Elektrizitätstheorie auf dem von 
Maxwell und Lorentz gewiesenen \Vcge brachte eine ganz 
eigenartige und unerwartete \Vendung in die Entwicklung 
unserer den Äther betreffenden Vorstellungen. Für Max­
wen selbst war zwar der Äther noch ein Gebilde mit rein 
mechanischen Eigenschaften, wenn auch mit mechanischen 
Eigenschaften viel komplizierterer Art als die der greif­
baren festen Körper. Aber weder Maxwell noch seinen 
Nachfolgern gelang es, ein mechanisches Moden für den 
Äther auszudenken, das eine befriedigende mechanische In­
terpretation der Maxwellschen Gesetze des elektromagneti­
schen Feldes geliefert hätte. Die Gesetze waren klar und 
einfach, die mechanischen Deutungen schwerfällig und 
widerspruchsvoll. Beinahe unvermerkt, paßten sich die 



6 

theoretischen Physiker dieser vom Standpunkte ihres mecha­
nischt!n Programms recht betrübenden Sachlage an, ins­
besondere unter dem Einfluß der elektrodynamischen Unter­
suchungen von Heinrich Hertz. Während sie nämlich vor­
dem von einer endgültigen Theorie gefordert hatten, daß 
sie mit Grundbegriffen auskomme, die ausschließlich der 
Mechanik angehören (z. B. Massendichten, Geschwindig­
keiten, Deformationen, Druckkräfte), gewöhnten sie sich 
allmählich daran, elektrische und magnetische Feldstärken 
als Grundbegriffe neben den mechanischen Grundbegriffen 
zuzulassen, ohne für sie eine mechanische Interpretation zu 
fordern. So wurde allmählich die rein mechanische N atur­
auffassung verlassen. Diese Wandlung führte aber zu einem 
auf die Dauer unerträglichen Dualismus in den Grundlagen. 
Um ihm zu entgehen, suchte man umgekehrt die mechani­
schen Grundbegriffe auf die elektrischen zu reduzieren, zu­
mal die Versuche an ß-Strahlen und raschen Kathoden­
strahlen das Vertrauen in die strenge Gültigkeit der mecha­
nischen Gleichungen Newtons 'erschütterten. 

Bei H. Hertz ist der angedeutete Dualismus noch un­
gemildert. Bei ihm tritt die Materie nicht nur als Trägerin 
von Geschwindigkeiten, kinetischer Energie und mechani­
schen Druckkräften, sondern auch als Trägerin von elektro­
magnetischen Feldern auf. Da solche Felder auch im Va­
kuum - d. h. im freien Äther - auftreten, so erscheint 
auch der Äther als Träger von elektromagnetischen Fel­
dern. Er erscheint der ponderabeln Materie als durchaus 
gleichartig und nebengeordnet. Er nimmt in der Materie 
an den Bewegungen dieser teil und hat im leeren Raum 
überall eine Ges<:hwindigkeit, derart, daß die Äthergeschwin­
digkeit im ganzen Raume stetig verteilt ist. Der Hertzsche 
Äther unterscheidet sich grundsätzlich in nichts von der 
(zum Teil in Äther bestehenden) ponderabeln Materie. 



7 

Die Hertzsehe Theorie litt nicht nur an dem Mangel, 
daß sie der Materie und dem Äther einerseits mechanische, 
anderseits elektrische Zustände zuschrieb, die in keinem ge­
danklichen Zusammenhange miteinander stehen; sie wider­
sprach auch dem Ergebnis des wichtigen Fizeauschen Ver­
suches über die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes in 
bewegten Flüssigkeiten und anderen gesicherten Erfah­
Tungsergebnissen. 

So standen die Dinge, als H. A. Lorentz eingriff. Er 
brachte die Theorie in Einklang mit der Erfahrung und er­
reichte dies durch eine wunderbare Vereinfachung der theo­
:fetischen Grundlagen. Er erzielte diesen wichtigsten Fort­
schritt der Elektrizitätstheorie seit Maxwell, indem er de~l 
Ather seine mechanischen, der Materie ihre elektromagne­
tischen Qualitäten wegnahm. vVie im leeren Raume, so 
auch im Innern der materiellen Körper war ausschließlich 
der Äther, nicht aber die atomistisch gedachte Materie, Sitz 
der elektromagnetischen Felder. Die Elementarteilchen 
der Materie sind nach Lorentz all ein fähig, Bewegungen 
.auszuführen; ihre elektromagnetische Wirksamkeit liegt 
einzig darin, daß sie elektrische Ladungen tragen. So ge­
lang es Lorentz, alles elektromagnetische Geschehen auf die 
Maxwellsch'en Vakuum-Feldgleichungen zu reduzieren. 

Was die mechanische Natur des Lorentzschen Äthers 
anlangt, so kann man etwas scherzhaft von ihm sagen, daß 
Unbeweglichkeit die einzige mechanische Eigenschaft sei, 
die ihm H. A. Lorentz noch gelassen hat. Man kann hinzu­
fügen, daß die ganze Änderung der Ätherauffassung, welche 
die spezielle Relativitätstheorie brachte, darin bestand, daß 
sie dem Äther seine letzte mechanische Qualität, nämlich 
die Unbeweglichkeit, wegnahm. Wie dies zu verstehen ist, 
soll gleich dargelegt werden. 

Der Raum-Zeittheorie und Kinematik der speziellen 



8 

Relativitätstheorie hat die Maxwell-Lorentzsche Theorie 
des elektromagnetischen Feldes als Modell gedient. Diese 
Theorie genügt daher den Bedingungen der speziellen Rela­
tivitätstheorie; sie erhält aber, von letzterer aus betrachtet, 
rein neuartiges Aussehen. Sei nämlich K ein Koordinaten­
system, relativ zu welchem der Lorentzsche Äther in Ruhe 
ist, so gelten die Maxwell-Lorentzschen Gleichungen zu­
nächst in bezug auf K. N ach der speziellen Relativitäts­
theorie gelten aber dieselben Gleichungen in ganz ungeän­
dertem Sinne auch in bezug auf jedes neue Koordinaten­
system Kl, welches in bezug auf K in gleichförmiger Trans­
lationsbewegung ist. Es entsteht nun die bange Frage: 
,Warum soll ich das System K, welchem die Systeme Kl 
physikalisch vollkommen gleichwertig sind, in der Theorie 
vor letzterem durch die Annahme auszeichnen, daß der 
Äther relativ zu ihm ruhe? Eine solche Asymmetrie des 
theoretischen Gebäudes, dem keine Asymmetrie des Systems 
der Erfahrungen entspricht, ist für den Theoretiker un­
erträglich. Es scheint mir die physikalische Gleichwertig­
keit von Kund Kl mit der Annahme, daß der Äther relativ 
zu K ruhe, relativ zu Kl aber bewegt sei, zwar nicht vom 
logischen Standpunkte geradezu unrichtig, aber doch un­
annehmbar. 

Der nächstliegende Standpunkt, den man dieser Sach­
lage gegenüber einnehmen konnte, schien der folgende zu 
sein. Der Ather existiert überhaupt nicht. Die elektro­
magnetischen Felder sind nicht Zustände eines Mediums, 
sondern selbständige Realitäten, die auf nichts anderes zu­
rückzuführen sind und die an keinen Träger gebunden sind, 
genau wie die Atome der ponderabeln Materie. Diese Auf­
fassung liegt um so näher, weil gemäß der LQrentzschen 
Theorie die elektromagnetische Strahlung Impuls und 
Energie mit sich führt wie die ponderable Materie, und weil 



9 

Materie und Strahlung nach der speziellen Relativitäts­
theorie beide nur besondere Formen verteilter Energie sind, 
indem ponderable Masse ihre Sonderstellung verliert und 
nur als besondere Fonn der Energie erscheint. 

Indessen lehrt ein genaueres Nachdenken, daß diese 
Leugnung des Äthers nicht notwendig durch das spezielle 
Relativitätsprinzip gefordert wird. Man kann die Existenz 
eines Äthers annehmen; nur muß man darauf verzichten, 
ihm einen bestimmten Bewegungszustand zuzuschreiben, 
d. h. man muß ihm durch Abstraktion das letzte mechanische 
Merkmal nehmen, welches ihm Lorentz noch gelassen hatte. 
Später werden wir sehen, daß diese Auffassungsweise, deren 
gedankliche Möglichkeit ich sogleich durch einen etwas 
hinkenden Vergleich deutlicher zu machen suche, durch die 
Ergebnisse der allgemeinen Relativitätstheorie gerecht­
fertigt wird. 

Man denke sich Wellen auf einer Wasseroberfläche. 
Man kann an diesem Vorgang zwei ganz verschiedene 
Dinge beschreiben. Man kann erstens verfolgen, wie sich 
die wellenförmige Grenzfläche zwischen \Vasser und Luft 
im Laufe der Zeit ändert. Man kann aber auch - etwa mit 
Hilfe von kleinen schwimmenden Körpern - verfolgen, wie 
sich die Lage der einzelnen \Vasserteilchen im Laufe der 
Zeit ändert. Würde es derartige schwimmende Körperchen 
zum Verfolgen der Bewegung der Flüssigkeitsteilchen prin­
zipiell nicht geben, ja würde überhaupt an dem ganzen Vor­
gang nichts anderes als die zeitlich veränderliche Lage des 
von Wasser eingenommenen Raumes sich bemerkbar 
machen, so hätten wir keinen Anlaß zu der Annahme, daß 
das Wasser aus beweglichen Teilchen bestehe. Aber wir 
könnten es gleichwohl als Medium bezeichnen. 

Etwas Ähnliches liegt bei dem elektromagnetischen 
Felde vor. Man kann sich nämlich das Feld als in Kraft-



IO 

linien bestehend vorstellen. Will man diese Kraftlinien sich 

als etwas Materielles im gewohnten Sinne deuten, so ist 

man versucht, die dynamischen Vorgänge als Bewegungs­

vorgänge dieser Kraftlinien zu deuten, derart, daß jede ein­

zelve Kraftlinie durch die Zeit hindurch verfolgt wird. Es 

ist indessen wohl bekannt, daß eine solche Betrachtungs­

weise zu Widersprüchen führt. 

Verallgemeinernd müssen wir sagen. Es lassen sich 

ausgedehnte physikalische Gegenstände denken, auf welche 

der Bewegungsbegriff keine Anwendung finden kann. Sie 

dürfen nicht als aus Teilchen bestehend gedacht werden, 

die sich einzeln durch die Zeit hindurch verfolgen lassen. 

In der Sprache Minkowskis drückt sich dies so aus: nicht 

jedes in der vierdimensionalen Welt ausgedehnte Gebilde 

läßt sich als aus Weltfäden zusammengesetzt auffassen. 

Das spezielle Relativitätsprinzip verbietet uns, den Ather 

als aus zeitlich verfolgbaren Teilchen bestehend anzu­

nehmen, aber die Atherhypothese an sich widerstreitet der 

speziellen Relativitätstheorie nicht. N ur muß man sich 

davor hüten, dem Ather einen Bewegungszustand zuzu­
sprechen. 

Allerdings erscheint die Atherhypothese vom Stand­

punkte der speziellen Relativitätstheorie zunächst als eine 

leere Hypothese. In den elektromagnetischen Feldgleichun­

gen treten außer den elektrischen Ladungsdichten nur die 

Feldstärken auf. Der Ablauf der elektromagnetischen Vor­

gänge im Vakuum scheint durch jenes innere Gesetz völlig 

bestimmt zu sein, unbeeinflußt durch andere physikalische 

Größen. Die elektromagnetischen Felder erscheinen als 

letzte, nicht weiter zurückführbare Realitäten, und es er­

scheint zunächst überflüssig, ein homogenes, intropes Ather­

medium zu postulieren, als dessen Zustände jene Felder auf­

zufassen wären. 



I I 

Anderseits läßt sich aber zugunsten der Ätherhypothese 
ein wichtiges Argument anführen. Den Äther leugnen, be­
deutet letzten Endes annehmen, daß dem leeren Raume 
keinerlei physikalische Eigenschaften zukommen. Mit 
dieser Auffassung stehen die fundamentalen Tatsachen der 
Mechanik nicht im Einklang. Das mechanische Verhalten 
ewes 1m leeren Raume frei schwebenden körperlichen 
Systems hängt nämlich außer von den relativen Lagen (Ab­
ständen) und relativen Geschwindigkeiten noch von seinem 
Drehungszustande ab, der physikalisch nicht als ein dem 
System an sich zukommendes Merkmal aufgefaßt werden 
kann. Um die Drehung des Systems wenigstens formal als 
etwas Reales ansehen zu können, objektiviert Newton den 
Raum. Dadurch, daß er seinen absoluten Raum zu den re­
alen Dingen rechnet, ist für ihn auch die Drehung relativ zu 
einem absoluten Raum etwas Reales. Newton hätte seinen 
absoluten Raum ebensogut "Äther" nennen können; wesent­
lich ist ja nur, daß neben den beobachtbaren Objekten noch 
ein anderes, nicht wahrnehmbares Ding als real angesehen 
werden muß, um die Beschleunigung bzw. die Rotation als 
etwas Reales ansehen zu können. 

Mach suchte zwar der Notwendigkeit, etwas nicht be­
obachtbares Reales anzunehmen, dadurch zu entgehen, daß 
er in die Mechanik statt der Beschleunigung gegen den ab­
soluten Raum eine mittlere Beschleunigung gegen die Ge­
samtheit der Massen der Welt zu setzen strebte. Aber ein 
Trägheitswiderstand gegenüber relativer Beschleunigung 
ferner Massen setzt unvermittelte Fernwirkung voraus. Da 
der moderne Physiker eine solche nicht annehmen zu dürfen 
glaubt, so landet er auch bei dieser Auffassung wieder beim 
Äther, der die Trägheitswirkungen zu vermitteln hat. 
Dieser Ätherbegriff, auf den die Machsche Betrachtungs­
weise führt, unterscheidet sich aber wesentlich vom Äther-



12 

begriff Newtons, Fresnels und H. A. Lorentz'. Dieser 
Machsche Äther b e d i n g t nicht nur das Verhalten der 
trägen Mas'sen, sondern wir d in seinem Zustand au c h 
b e d i n g t durch die trägen Massen. 

Der Machsehe Gedanke findet seine volle Entfaltung 
in dem Äther der allgemeinen Relativitätstheorie. Nach 
dieser Theorie sind die metrischen Eigenschaften des Raum­
Zeit-Kontinuums in der Umgebung der einzelnen Raum­
Zeitpunkte verschieden und mitbedingt durch die außerhalb 
des betmchteten Gebietes vorhandene Materie. Diese 
raum-zeitliche Veränderlichkeit der Beziehungen von Maß­
stäben und Uhren zueinander, bzw. die Erkenntnis, daß der 
"leere Raum" in physikalischer Beziehung weder homogen 
noch isotrop sei, welche uns dazu zwingt, seinen Zustand 
durch zehn Funktionen, die Gravitationspotentiale g,." v zu 
beschreiben, hat die Auffassung, daß der Raum physika­
lisch leer sei, wohl endgültig beseitigt. Damit ist aber auch 
der Atherbegriff wieder zu einem deutlichen Inhalt ge­
kommen, freilich zu einem Inhalt, der von dem des Äthers 
der mechanischen Undulationstheorie des Lichtes weit ver­
schieden ist. Der Äther der allgemeinen Relativitätstheorie 
ist ein Medium, welches selbst all e r mechanischen und 
kinematischen Eigenschaften bar ist, aber das mechanische 
(und elektromagnetische) Geschehen mitbestimmt. 

Das prinzipiell Neuartige des Äthers der allgemeinen 
Relativitätstheorie gegenüber dem Lorentzsehen Äther be­
steht darin, daß der Zustand des ersteren an Jeder Stelle be­
stimmt ist durch ges'etzliche Zusammenhänge mit der Ma­
terie und mit dem Ätherzustande in benachbarten Stellen 
in Gestalt von Differentialgleichungen, während der Zu­
stand des Lorentzsehen Äthers bei Abwesenheit von elektro­
magnetischen Feldern durch nichts außer ihm bedingt und 
überall der gleiche ist. Der Äther der allgemeinen Relativi-



tätstheorie geht gedanklich dadurch in den Lorentzsehen 
über, daß man die ihn beschreibenden Raumfunktionen durch 
Konstante ersetzt, indem man absieht von den seinen Zu­
stand bedingenden Ursachen. Man kann also wohl auch 
sagen, daß der Äther der allgemeinen Relativitätstheorie 
durch Relativierung aus dem Lorentzsehen Äther hervor­
gegangen ist. 

über die Rolle, welche der neue Äther im physikali­
schen Weltbilde der Zukunft zu spielen berufen ist, sind 
wir noch nicht im klaren. vVir wissen, daß er die metri­
schen Beziehungen im raum-zeitlichen Kontinuum, z. B. 
die Konfigurationsmöglichkeiten fester Körper sowie die 
Gravitationsfelder bestimmt; aber wir wissen nicht, ob er 
am Aufbau der die Materie konstituierenden elektrischen 
Elementarteilchen einen wesentlichen Anteil hat. Wir 
wissen auch nicht, ob seine Struktur nur in der Nähe ponde­
rabler Massen von der Struktur des Lorentzsehen wesent­
lich abweicht, ob die Geometrie von Räumen kosmischer 
Ausdehnung eine nahezu euklidische ist. Wir können aber 
auf Grund der relativistischen Gravitationsgleichungen be­
haupten, daß eine Abweichung vom euklidischen Verhalten 
bei Räumen von kosmischer Größenordnung dann vor­
handen sein muß, wenn eine auch noch so kleine positive 
mittlere Dichte der Materie in der Welt existiert. In diesem 
Falle muß die Welt notwendig räumlich geschlossen und 
von endlicher Größe sein, wobei ihre Größe durch den Wert 
jener mittleren Dichte bestimmt wird. 

Betrachten wir das Gravitationsfeld und das elektro­
magnetische Feld vom Standpunkt der Ätherhypothese, so 
besteht zwischen beiden ein bemerkenswerter prinzipieller 
Unterschied. Kein Raum und auch kein Teil des Raumes 
ohne Gravitationspotentiale ; denn diese verleihen ihm seine 
metrischen Eigenschaften, ohne welche er überhaupt nicht 



14 

gedacht werden kann. Die Existenz des Gravitationsfeldes 
ist an die Existenz des Raumes unmittelbar gebunden. Da­
gegen kann ein Raumteil sehr wohl ohne elektromagneti­
sches Feld gedacht werden; das elektromagnetis~he Feld 
scheint also im Gegensatz zum Gravitationsfeld gewisser­
maßen nur sekundär an den Äther gebunden zu sein, indem 
die formale Natur des elektromagnetischen Feldes durch 
die des Gravitationsäthers noch gar nicht bestimmt ist. Es 
sieht nach dem heutigen Zustande der Theorie so aus, als 
beruhe das elektromagnetische Feld dem Gravitationsfeld 
gegenüber auf einem völlig neuen formalen Motiv, als hätte 
die Natur den Gravitationsäther statt mit Feldern vom 
Typus der elektromagnetischen, ebensogut mit Feldern 
eines ganz anderen Typus, z. B. mit Feldern eines skalaren 
f'otentials, ausstatten können. 

Da nach unseren heutigen Auffassungen auch die Ele­
mentarteilchen der Materie ihrem Wesen nach nichts 
anderes sind als Verdichtungen des elektromagnetischen 
Feldes, so kennt unser heutiges Weltbild zwei begrifflich 
vollkommen voneinander getrennte, wenn auch kausal an­
einander gebundene Realitäten, n<imlich Gravitationsäther 
und elektromagnetisches Feld oder - wie man sie auch 
nennen könnte - Raum und Materie. 

Natürlich wäre es ein großer Fortschritt, wenn es ge­
lingen würde, das Gravitationsfeld und das elektromagne­
tische Feld zusammen als ein einheitliches Gebilde aufzu­
fassen. Dann erst würde die von Faraday und Maxwell be­
gründete Epoche der theoretischen Physik zu einem befrie­
digenden Abschluß kommen. Es würde dann der Gegensatz 
Äther - Materie verblassen und die ganze Physik zu einem 
ähnlich geschlossenen Gedankensystem werden wie Geo­
metrie, Kinematik und Gravitationstheorie durch die all­
gemeine Relativitätstheorie. Ein überaus geistvoller Vel'-



15 

slJ.ch in dieser Richtung ist von dem Mathematiker H. Weyl 
gemacht worden; doch glaube ich nicht, daß seine Theorie 
der Wirklichkeit gegenüber standhalten wird. Wir dürfen 
ferner beim Denken an die nächste Zukunft der theoreti­
schen Physik die Möglichkeit nicht unbedingt abweisen, daß 
die in der Quantentheorie zusammengefaßten Tatsachen 
der Feldtheorie unübersteigbare Grenzen setzen könnten. 

Zusammenfassend können wir sagen: Nach der all­
gemeinen Relativitätstheorie ist der Raum mit physikali­
schen Qualitäten ausgestattet; es existiert also in diesem 
Sinne ein Äther. Gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie 
ist ein Raum ohne Äther undenkbar; denn in einem solchen 
gäbe es nicht nur keine Lichtfortpflanzung, sondern auch 
keine Existenzmöglichkeit von Maßstäben und Uhren, also 
auch keine räumlich-zeitlichen Entfernungen im Sinne d'er 
Physik. Dieser Äther darf aber nicht mit der für ponderable 
Medien charakteristischen Eigenschaft ausgestattet gedacht 
werden, aus durch die Zeit verfolgbaren Teilen zu bestehen; 
der Bewegungsbegriff darf auf ihn nicht angewendet 
werden. 



Verlag von Julius Springer in Berlin W9 

Die Grundlagen der Einsteinschen Gravitations­
theorie. Von Erwin Freundlich. Mit einem V or-
wort von Albert Einstein. V ierte, erweiterte und ver­
besserte Auflage. '920. Unter der Presse. 

Raum - Zeit - Materie. Vorlesungen über all­
gemeine Relativitätstheorie. Von H. Weyl. Dritte, 
verbesserte Auflage. Mit 13 Textabbildungen. 1920. 

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Raum und Zeit in der gegenwärtigen Physik. 
Zur Einführung in das Verständnis der Relativitäts- und 
Gravitationstheorie. Von M. Schlick. Dritte, neu­
bearbeitete Auflage. 1920. Unter der Presse. 

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beim Antritt des Lehramts an der Reichs -Universität 
zu Leiden. VonProf.Dr.P.Ehrenfest. 19' 3. Preis M.-.60 

Die Atomionen chemischer Elemente und ihre 
Kanalstrahlen -Spektra. Von Dr. J. Stark, Professor 
der Physik an der Technischen Hochschule Aachen. 
Mit II Abbildungen im Text und auf einer Tafel. 
1913. Preis M. 1.60 

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Das Wesen des Lichts. Vortrag, gehalten in der Haupt­
versammlung der Kaiser - "Vilbelm - Gesellschaft am 
28. Oktober 1919. Von Dr. Max Planck, Professor 
der theoretiscben Physik an der Universität Berlin. 
1920. Preis M. 1.60 

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Die radioaktive Strahlung als Gegenstand wahr­
scheinlichkeitstheoretischer Untersuchungen. 
Von Professor Dr. L. v. Bortkiewicz. Mit 5 Text­
abbildungen. 1913. Preis M. 4.-

Hierzu Teuerungs2tlschläge